Ein Sommer am See

Jeden Sommer verbringen Kinderdorfkinder aus ganz Europa unbeschwerte Wochen im norditalienischen Caldonazzo. Auch dank einer Förderung der SOS-Kinderdorf-Stiftung erleben dort einige von ihnen zum ersten Mal, wie es sich anfühlt, ganz sorgenfrei Urlaub zu machen. 
Wenn die Sonne über dem Caldonazzo-See aufgeht, ist es noch ruhig im Feriencamp. Doch schon kurz nach dem Frühstück toben hier rund 700 Kinder – und genießen drei Wochen lang den Sommer. Was nach einem ganz normalen Urlaub klingt, ist für viele Kinderdorfkinder etwas ganz Besonderes. Für einige ist es die erste Reise ihres Lebens. Denn in ihren Herkunftsfamilien war es nicht selbstverständlich, als Familie in den Urlaub zu fahren. Um dieses Stückchen Normalität trotzdem zu ermöglichen, finanzierte die SOS-Kinderdorf-Stiftung in diesem Jahr die Reise der Kinder aus dem SOS-Kinderdorf Gera und auch einen Teil der allgemeinen Kosten des Feriendorfs Caldonazzo. So konnten die Kinder eine unbeschwerte Zeit voller neuer Eindrücke, Erlebnisse und Freundschaften erleben.
SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner fuhr 1953 erstmals mit zwei Dutzend Kindern aus dem österreichischen SOS-Kinderdorf Imst an den Caldonazzo-See. Damals schliefen sie in einfachsten Zelten, kochten am offenen Feuer und wuschen sich im See. Ganz so spartanisch geht es heute nicht mehr zu: Es gibt große Gemeinschaftszelte und Bungalows sowie eine Großküche und moderne Waschhäuser. Doch eine Sache hat sich nicht geändert: Die Begeisterung und Vorfreude in den Augen der Kinder, wenn sie bei der Ankunft aus dem Bus steigen. 
Einer, der diesen Moment schon oft miterlebt hat, ist Manfred Thurau. Der Sozialpädagoge aus dem SOS-Kinderdorf Harksheide weiß, was der Urlaub den Kindern bedeutet: „Die meisten kommen aus einem Umfeld, in der das erwartete Ergebnis einer jeden Planung das Scheitern ist“, sagt er. „Viele Kinder haben einfach schon zu oft gehört: ‚Wir fahren am Wochenende an den See. Versprochen!‘ – und am Ende sind die Eltern wieder einmal betrunken und es klappt nicht.“ Einmal musste ein Junge sogar vor der Abfahrt eine halbe Stunde lang beruhigt werden, erzählt Thurau, weil er es nicht fassen konnte, dass es wirklich losgeht. „Das zeigt, wie sehr diese Kinder die stetigen Enttäuschungen gewohnt sind.“ 
Neben der reinen Freude ist der Urlaub pädagogisch sinnvoll: Die Kinder werden selbstständiger, lernen, sich mit Gleichaltrigen auseinanderzusetzen und Rücksicht zu nehmen. Die gemeinsamen Abenteuer sind wichtig, sie machen neue Erfahrungen und erleben sich selbst in einem neuen Umfeld um den Erlebnis- und Erfahrungsraum der Kinder zu erweitern – was automatisch ihr Selbstwertgefühl stärkt. Mehr als nur Urlaub also!

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